Militärische Motive für den Umsturzversuch vom 20. Juli 1944

Winfried Heinemann

Militärische Motive für den Umsturzversuch vom 20. Juli 1944

Festvortrag von Oberst Prof. Dr. Winfried Heinemann am 19. Juli 2015 in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund, Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten Jahren ist der nationalkonservative militärische Widerstand etwas in den Hintergrund getreten. Liegt es daran, dass der Widerstandsbegriff weiter definiert wird als früher, eine Entwicklung, an der die Gedenkstätte Deutscher Widerstand erheblichen Anteil hat? Liegt es daran, dass immer wieder die Frage danach gestellt worden ist, ob und in welchem Maße die Angehörigen der Umsturzorganisation selbst in die Verbrechen des Regimes und in den verbrecherischen Krieg verstrickt waren? Oder liegt es daran, dass das Thema ausgeforscht ist, dass da nichts Neues zu erwarten ist?

Oder ist es so, dass der nationalkonservative Widerstand gar nicht in einen militärischen und einen zivilen Teil aufgespalten werden kann? Ist die Trennung zwischen militärisch und zivil obsolet, weil beide in einer „gemeinsamen Zivilität“ übereinstimmen? Ist die seit 1984 von Detlef Graf Schwerin propagierte Aufteilung in eine jüngere und eine ältere Generation viel tragfähiger? Um es auf den Punkt zu bringen: Wie ist das Verhältnis zwischen politischem und militärischem Widerstand?

Politischer und militärischer Widerstand oder Aufstand des Gewissens

In der Nachkriegszeit waren die verschiedenen Formen des Widerstands gegen das NS-Regime durchaus umstritten, und Anerkennung als ein positiv besetztes Phänomen der deutschen Geschichte erlangte der Widerstand erst dadurch, dass er als mit Begriffen „Die Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung“ oder „Das Gewissen steht auf“ populär gemacht wurde. Bei einer solchen moralischen Bewertung gerieten aber die konkreten politischen Ziele solcher Opposition aus dem Blick, und erst in den 1960er Jahren fragten einige mutige jüngere Historiker nach den innen- und außenpolitischen Zielen des Widerstands. Sie lösten damit eine Diskussion aus, die zumindest bis zu der großen Widerstandstagung 1984 in Berlin fortdauerte. Wie kann die Bundesrepublik Formen des politischen Widerstands von rechts und links als gedenkenswert betrachten, die bei näherer Betrachtung so gar nicht für ein parlamentarisch-demokratisches System eingetreten waren? Professor Steinbach, damals noch mit dem Aufbau der Gedenkstätte Deutscher Widerstand befasst, kann aus eigener leidvoller Erfahrung hierzu einiges sagen.

Diese Frage war dann irgendwann beantwortet – für den politischen Widerstand. Aber damit hatte noch immer niemand die Frage nach den spezifisch militärischen Motiven für Widerstand gestellt. Das Wort von der „gemeinsamen Zivilität“ der Zivilisten und Soldaten im Widerstand war geeignet, den Primat der Politik, wie ihn das Grundgesetz festschreibt, nach vorne schon in den Widerstand zu extrapolieren – in einen Widerstand freilich, der ansonsten gar nicht so grundgesetzkonform zu interpretieren war.

Ich möchte das heute einmal kritisch hinterfragen. Ich will das tun, um pointiert etwas gegen die gängige Betrachtung zu polemisieren, etwas wider den Stachel zu löcken. Ich möchte den Widerstand der nationalkonservativen Militärs in die Gesamtgeschichte des Widerstands einordnen, aber um das zu tun, möchte ich ihn auch in die deutsche Militärgeschichte des 20. Jahrhunderts einordnen, weil ich mir davon neue Einsichten verspreche.

Ich habe das bereits einmal in Aufsatzform getan und mir dann von Benjamin Ziemann in einer Rezension sagen lassen müssen, ich bliebe hinter dem erreichten Stand der Forschung zurück. Dass ich Ihnen heute in dieser Weise vortrage, soll anzeigen, dass ich nach wie vor von diesem methodischen Ansatz überzeugt bin.

Widerstand der Obersten

Am Nachmittag des 20. Juli 1944 rollen Panzer durch die Straßen von Berlin. Die große Ost-West-Achse, gerade von Hitlers Lieblingsarchitekt Speer neu und breit gestaltet, verbindet die Kasernen in Krampnitz und Döberitz mit der Innenstadt. Vorher schon hat das Wachbataillon aus Moabit alle Zugänge zum Regierungsviertel an der Wilhelmstraße abgeriegelt, jetzt steht eine Kompanie Infanterie vor dem Haus des Rundfunks an der Masurenallee und fordert die Einstellung des Sendebetriebs. Die Panzer sind weitergerollt Richtung Tiergarten. Dort, unweit des Bendlerblocks, stehen sie dann allerdings etwas untätig herum; sie sollen eine gepanzerte Reserve bilden, aber wofür? Meine Damen und Herren, bisher hat das kaum jemand getan, aber Sie können den 20. Juli 1944 wunderbar als militärische Lagekarte darstellen, mit blauen und roten Pfeilen, und damit zumindest die ansonsten fast unausrottbare Mär widerlegen, die Verschwörer wären militärisch inkompetent gewesen. So betrachtet, ist der 20. Juli 1944 ein klassischer Militärputsch.

Das Heer habe die vollziehende Gewalt im Inneren übernommen, hört man. Was heißt das? Was hier geplant wird, steht in der Tradition des preußischen Belagerungszustands seit dem 19. Jahrhundert. Bis in die Formulierungen hinein stützen sich die Verschwörer auf den Kapp-Putsch oder das Planspiel Ott von 1932 ab. Es geht darum, an die Stelle des für den Nationalsozialismus charakteristischen Kompetenzwirrwarr, an die Stelle der polykratischen Strukturen eine einheitliche, eben militärische Führung des Reiches im Inneren wie nach Außen zu setzen.

Wenn Sie das mit den blauen und roten Pfeilen tun, dann sehen Sie einige sehr lange blaue Pfeile, etwa aus Cottbus oder gar von der Ostfront. Die Ersatzbrigade „Großdeutschland“ sollte von Süden her nach Berlin vorstoßen und damit vor allem die in der ehemaligen Kadettenanstalt Lichterfelde stationierten Truppenteile der Waffen-SS im Rücken binden. Die Besetzung der Sendeanlagen in Herzberg, Königs Wusterhausen, Tegel, Nauen und des Hauses des Rundfunks an der Masurenallee sollte dem Regime die Nutzung der neuen Massenmedien verwehren. Die aus dem Bereich der Heeresgruppe Mitte herangeführten rund 1.200 Mann aus dem von Georg von Boeselager geführten Reiterregiment Mitte würden sich noch später in Reichshauptstadt auswirken können. Eine Analyse der militärischen Planung lässt erkennen, dass die Verschwörer auf einen zumindest mehrere Tage andauernden Bürgerkrieg gefasst waren. Wie auch die Nationalsozialisten selbst stellten sie sich die innenpolitische Situation nach einem Kriegsende in etwa analog zu den Erfahrungen der Jahre 1918/19 vor. Beide Seiten bereiteten sich daher auf einen Endkampf nach innen vor.

Dilettantische Kriegführung

Stauffenberg, Tresckow und die anderen waren Generalstabsoffiziere in Verwendungen, die ihnen einen Überblick über die Kriegführung des Reiches ermöglichten. Sie waren nicht nur eine Funktionselite, sondern auch eine intellektuelle Elite. Stauffenberg etwa edierte den Nachlass des Dichters Stefan George, zu dessen Kreis er gehört hatte. Prägend für viele Verschwörer war dabei die Einsicht, dass Hitler den Krieg ohne jede Rücksicht auf die klassischen Lehren der Kriegskunst führte – dilettantisch nannten das viele, sogar unter jenen, die nie zu einem gewaltsamen Vorgehen dagegen bereit gewesen wären.

Selbst in der akademischen Jugend war man sich bewusst, dass Hitlers militärische Führung spätestens mit Stalingrad in die Katastrophe geführt hatte. Sarkastisch beginnt das letzte Flugblatt der Münchener Studenten, die sich unter dem Namen „Weiße Rose“ zusammengefunden haben: „Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir!“. Detlev Bald hat vor einiger Zeit die politischen, religiösen und ethischen Motive der Münchner Sanitätsfeldwebel und ihrer Freunde betont – aber auch bei ihnen finden sich militärische Gründe dafür, gegen Hitler vorzugehen.

Die Münchner Studenten hatten damit ein Thema getroffen, das bereits vor Kriegsbeginn in Fachkreisen die Runde gemacht, spätestens seit Stalingrad aber weitere Verbreitung gefunden hatte. Die „zunehmende Entprofessionalisierung des Regierungssystems“ war etwas, was das Militär mit anderen Bereichen der nationalsozialistischen Gesellschaft gemein hatte. Der Ersetzung des Reichsaußenministers Freiherr von Neurath durch den diplomatisch ungeschulten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop etwa entsprach die Ersetzung des Generalstabes des Heeres in seiner Rolle als zentraler Berater der militärischen Führung durch das Oberkommando der Wehrmacht unter Keitel in seiner „subalternen Loyalität“ oder die Ersetzung des Reichskriegsministers von Blomberg durch Hitler selbst.

Der „Dilettantismus“ griff aber nicht nur an der Spitze des Reiches und der Wehrmacht um sich. Auch an der Front konnte man ähnliche Erscheinungen sehen. Als Kronzeuge kann ein dem Widerstand fernstehender Major i.G. gelten, den man im Februar 1943 vom Generalstab des Heeres aus zur „Leibstandarte-SS Adolf Hitler“ geschickt hatte, um dort die Divisionsführung zu besichtigen. Ulrich de Maizière war entsetzt über die amateurhafte Art des Divisionskommandeurs, SS-Gruppenführer Sepp Dietrich: „Daß durch hochmütige Vernachlässigung solider Ausbildung und Tollkühnheit tapfere und ideologisch verführte junge Männer sinnlos geopfert wurden, das schien den Führern dieser Waffen-SS-Division kaum bewußt zu werden. Der Glaube an den Führer war ihnen wichtiger als professionelles Können. Betroffen und ernüchtert kehrte ich ins Hauptquartier zurück, wo ich Gelegenheit erhielt, dem Chef des Generalstabes meine Eindrücke vorzutragen.“

Die Kritik an der „dilettantischen“ Führung war im Heer weit verbreitet. Es war daher nur folgerichtig, dass auch dieser Topos in den ersten Verlautbarungen nach dem Umsturz an vorderster Stelle genannt werden sollte. Entsprechend formulierte Goerdeler seine Aufrufe und Reden. Im Entwurf eines Aufrufs an die Wehrmacht hieß es: „Ein weiteres noch droht Euch um den Erfolg Eurer Siege zu bringen, die Ihr unter Führung geschulter und erfahrener Männer erfochten habt: Das ‚Feldherrngenie‘ Hitlers, das er in wahnwitziger Verblendung sich selbst angemaßt hat und das ihm von Speichelleckern aufs widerlichste angehimmelt worden ist. Wer einen Stiefel besohlen will, muß es gelernt haben. Wer ein Millionenheer führen will, muß die Fähigkeit dazu auf den verschiedenen Stufenleitern harten militärischen Dienstes erlernt und bewiesen haben.“

Die Reichswehr war geprägt gewesen von den Debatten über die angemesse Wehrform zwischen jenen, die – wie Seeckt – ein kleines, hochtechnisiertes und hochqualifiziertes Führerheer aufbauen und jenen, die sich das Militär als „Massenheer“, als volkspädagogische Instanz zur Wehrhaftmachung des ganzen deutschen Volkes vorstellen, darunter etwa der spätere Generalfeldmarschall von Reichenau. Es kann nicht überraschen, dass die NSDAP mit ihrer Vorstellung von einer „Volksarmee“. eher zu letzteren tendierte. Ludwig Beck und Carl-Heinrich von Stülpnagel dagegen waren in der Zeit nach Seeckt Exponenten jener Armee, die „Staat im Staate“, herausgehoben aus dem Streit der Parteien sein wollte; die von ihnen geschriebene Heeresdienstvorschrift „Führung und Gefecht“ von 1933 atmete ganz diesen Geist.

Die jüngeren Verschwörer waren in der Zwischenkriegszeit zu jung gewesen, als dass sie einer der verschiedenen Denkschulen hätten zugerechnet werden können. In Kontroversen wie der zwischen Guderian und Beck über eine operativ oder eine taktisch orientierte Panzerwaffe hatten sie noch keine Rolle gespielt. Jetzt aber erkannten sie klar, dass Hitlers Kriegführung den gelernten Grundsätzen widersprach und daher an die Substanz des deutschen Heeres ging.

Hans Mommsen schreibt dazu: „Für Männer wie Tresckow und Stauffenberg stand die Erhaltung der Armee [...] im Mittelpunkt ihrer Erwägungen.“ Das war mehr als nur der Versuch, einen bereits verlorenen Krieg doch noch zu gewinnen. Hier ist die Rede von Offizieren, denen das Überleben der ihnen anvertrauten Soldaten nicht gleichgültig war.

Wenn der Aufstand gegen das NS-Regime also auf eine längere Auseinandersetzung im Inneren ausgerichtet war, wie wir gesehen haben, dann bedeutete „Erhaltung der Armee“ auch die Bewahrung hinreichender Potentiale für diesen bevorstehenden Endkampf nach innen. Das galt umso mehr zu einer Zeit, wo Himmler und seine SS auf Kosten des Heeres immer mehr Macht an sich zogen. Himmler war am Mittag des 20. Juli 1944 nicht anwesend, als Stauffenberg über die Aufstellung neuer Divisionen vortrug. Himmler sollte später kommen und mit Hitler gesondert über die Aufstellung der Volksgrenadierdivisionen sprechen – obwohl diese aus dem gleichen begrenzten Pool an Menschen schöpfen mussten. Himmlers Übernahme des Befehls über das Ersatzheer am Nachmittag des 20. Juli verdeutlichte endgültig, wer von dem gescheiterten Umsturz profitierte. Und das, meine Damen und Herren, nur ganz am Rande, obwohl Himmlers Imperium sich ja auch nicht von seiner besten Seite gezeigt hatte. Weder hatte seine Polizei das Attentat verhindern können, noch war die Waffen-SS in Berlin marschiert, vielmehr hatten Heeresoffiziere im Bendlerblock selbst zusammen mit dem – ebenfalls zum Heer gehörigen – Wachbataillon den Aufstand niedergeschlagen.

Das Ergebnis des 20. Juli war insofern auch die endgültige Kraftverschiebung innerhalb des NS-Systems weg vom Heer. Der Ehrenhof, der dann allein für Offiziere des Heeres bestellt wurde, war dafür beredtes Zeichen.

Kriegsspitzengliederung und Totaler Krieg

Es gab zu Hitlers Form der Kriegführung ja durchaus Alternativvorschläge, die aus einer systemkonformen Grundhaltung entstanden waren, wenn sie auch – allein dem Gedanken der militärischen Effizienz verhaftet – Hitlers weitergehende und auf langfristige Veränderung der europäischen Gesellschaft zielende Absichten verkannten. So trug Generaloberst Friedrich Fromm, der für die personelle und materielle Rüstung verantwortliche Befehlshaber des Ersatzheeres, Ende November 1942 Hitler eine Denkschrift über die materiellen und personellen Grundlagen des Krieges vor. Er hatte sie mit „Auf der Höhe der Macht“ überschrieben, und mit klaren Zahlen belegte sie, dass Deutschland der weiteren Belastung durch den Krieg nicht mehr gewachsen sei.

Fromm gehörte zu diesem Zeitpunkt – und auch später – keiner Widerstandsgruppe an und trat nach seinem Selbstverständnis ausschließlich als militärischer Fachmann auf. Von diesem Tag an galt er bei Hitler gleichwohl als persona non grata, und die Entmachtung der Militärs im Bereich des Ressourcenmanagements des Reiches beschleunigte sich spürbar.

Stauffenberg war wie Fromm und viele andere zentrale Mitverschwörer Generalstaboffizier, das heißt, sie hatten zwei Jahre an der Kriegsakademie in Berlin studiert. Das umfasste mehr als nur Taktik oder gar Drill: dort lernte man, Krieg ganzheitlich und als System zu denken, politische, volkswirtschaftliche und logistische Aspekte mit einzubeziehen. Zur Führung des technisierten Krieges brauchte es intellektuell flexible Experten mit umfassender Bildung, nicht nur „fanatische Kämpfer“. Hitlers Betonung der „Menschenführung“, der „Frontbewährung“ und des „Durchhaltewillens“ war ein Rückschritt in vormoderne Zeiten, der sich vor allem aus der Schützengrabenperspektive des Weltkriegsgefreiten erklärte. Aus der Sicht des Chefs des Stabes beim Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef Heeresrüstung aber war das glatter Dilettantismus und damit ein Verbrechen an unzähligen deutschen Soldaten.

Denn dass Hunderttausende ihr Leben gelassen hatten, das wusste man eben nirgendwo besser als beim Oberkommando des Heeres, spätestens, seit die deutschen Verluste mit Beginn des Angriffs gegen die Sowjetunion im Sommer 1941 deutlich in die Höhe schnellten. Die Zahlen sprachen eine nüchterne Sprache, und darüber konnte man unter Offizieren durchaus unverdächtig reden. In der Organisationsabteilung des OKH wurde offen darüber diskutiert, auch unter solchen, die mit dem Widerstand nichts zu tun hatten. Die Generalstabsoffiziere de Maizière und Bernardis hatten in einer eingehenden Studie jene Zahlenangaben zusammengestellt, mit denen Fromm zu Hitler ging. Bernardis endete am Galgen in Plötzensee, de Maizière wurde später Generalinspekteur der Bundeswehr. Graf Stauffenberg vertraute einem früheren Mitarbeiter an, „dieser Krieg [sei] vom Augenblick, wo wir den Fehler machten, Rußland anzugreifen, personell und materiell für Deutschland auch bei bester Führung nicht durchzustehen“. Stauffenberg hatte sich für den Tag des Umsturzes notiert: „Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Kurses sei eine Niederlage und Vernichtung der blutsmäßigen Substanz unausbleiblich.“ Stauffenberg musste wissen, wovon er sprach: seine Dienststelle war für die Steuerung der personellen Ressourcen zuständig.

Ein weiteres wesentliches, immer wiederkehrendes Motiv von Soldaten für den Entschluss zum Widerstand war die Forderung nach einer Änderung der militärischen Spitzengliederung. Hinter diesem eher technischen Begriff verbarg sich während der Kriegszeit allerdings nichts weniger als das Nachdenken über den Rücktritt Hitlers vom Oberkommando des Wehrmacht, seit 1942 zumindest vom Oberkommando des Heeres.

Die Anfangserfolge der Wehrmacht erstickten zunächst jede Diskussion über die Zweckmäßigkeit ihrer Spitzengliederung im Keim. In dem Maße jedoch, wie Hitler im Verlauf des Krieges weiterhin die militärische Spitzenorganisation veränderte, gewann dieses Thema auch für oppositionell Denkende an Bedeutung. Das galt insbesondere seit Hitlers Übernahme des Oberbefehls über das Heer am 19. Dezember 1941.

Um dies zu kritisieren, musste man keinesfalls dem engeren Kreis des militärischen Widerstandes angehören. Solche Überlegungen waren auch unter jenen Offizieren gang und gäbe, die mit der zu diesem Zeitpunkt weitgehend daniederliegenden Opposition nichts oder wenig zu tun hatten. Der Chef der Operationsabteilung im Generalstab des Heeres, Generalmajor Heusinger, machte das „immerwährende Mißtrauen Hitlers gegen das Heer“ dafür verantwortlich. Später wiesen selbst zur ideologischen Beeinflussung des Heeres eingesetzte Nationalsozialistische Führungsoffiziere darauf hin, wie sich das Heer dadurch zurückgesetzt fühle, dass Hitler den Oberbefehl über das Heer auf Dauer behalten wolle; das müsse „als eine negative Beurteilung der heutigen Qualität der Führerschicht empfunden werden“.

An der Ostfront, im Stabe der Heeresgruppe Mitte, war die zunehmende Entmachtung des Generalstabs und die Vernachlässigung seines Sachverstandes ein wesentliches Motiv des dortigen Ersten Generalstabsoffiziers (I a), des Obersten i.G. Henning von Tresckow, eine Widerstandsgruppe zu rekrutieren und notfalls mit Gewalt eine Änderung der Kriegsspitzengliederung zu erzwingen. Eine Situation, in der „in der Wehrmacht dieselben polykratischen Strukturen vor[herrschten] wie auch bei anderen Herrschaftsträgern im „Dritten Reich“, namentlich denjenigen aus dem staatlichen Bereich“, widersprach dem Effizienzdenken vieler Generalstabsoffiziere. Ein Major i.G. aus der Organisationsabteilung des Oberkommandos des Heeres pflegte Vorträge über die Kriegsspitzengliederung mit der Bemerkung einzuleiten, „die Kriegsspitzengliederung der deutschen Wehrmacht sei noch blöder, als die befähigsten Generalstabsoffiziere sie erfinden könnten, wenn sie den Auftrag bekämen, die unsinnigste Kriegsspitzengliederung zu erfinden“. Der Major hieß Claus Graf Stauffenberg.

Solchen Diskussionen lag eine Tradition im Heer zugrunde, wonach man militärische, auch militärpolitische Fragen im Offizierkorps sehr offen kontrovers diskutieren konnte. Die Debatten der 1920er Jahre über Führerheer versus Massenheer, über taktischen versus operativen Ansatz von Panzern, habe ich bereits erwähnt. Ein unerwünschter Aufsatz zur Panzerfrage hätte den amerikanischen Oberst Dwight D. Eisenhower in den 1930er Jahren beinahe die Karriere gekostet – auch im Heer der NS-Zeit dagegen waren solche inhaltlichen Kontroversen völlig üblich. Hinzu kam, dass anders als die spätere Nationale Volksarmee der DDR die Wehrmacht nicht von Spitzeln der Geheimpolizei durchsetzt war. Wenn es zu Verfolgungen wegen „defätistischer“ Äußerungen kam, dann beruhte das – wie etwa im Fall des U-Boot-kommandanten Oskar Kusch – auf innermilitärischen Denunziationen und Verurteilungen.

Der Weg von der systemkonformen Alternativüberlegung hin zum systemsprengenden Staatsstreich bestand auch in der Frage der Kriegsspitzengliederung oft aus kleinen Schritten, der Übergang war fließend. Ende August 1943 sprach Oberst i.G. Hellmuth Stieff den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Generalfeldmarschall Hans Günther von Kluge, auf die Frage der Spitzengliederung an; Stieff gehörte zu den militärischen Verschwörern, in Kluges Stab gab es eine entschlossene Verschwörergruppe um Tresckow, und die Annahme liegt nahe, dass hier erneut versucht werden sollte, Kluge für den Umsturz zu gewinnen. Da das Thema einer alternativen militärischen Spitzengliederung unter Offizieren gefahrlos diskutiert werden konnte, eignete es sich hervorragend zur Anbahnung von Gesprächen mit potentiellen Teilnehmern an der Verschwörung.

Der Major Graf Blumenthal sagte bei der Gestapo aus: „Durch den Ausnahmezustand sollten alle Stellen, die sich in die Kriegsführung eingeschaltet hätten, durch die hierfür eigentlich zuständigen militärischen Stellen ersetzt werden.“ Deutlich wird an dieser Formulierung schon, dass es sich nicht mehr nur darum handeln sollte, die Führung der militärischen Operationen auf eine neue Basis zu stellen, sondern dass auch alle anderen Aspekte der Gesamtkriegführung der Partei – und damit der Politik – entzogen und in militärische Hände gelegt werden sollten. Ende 1943 entwickelte Stauffenberg diesen Gedanken dann noch weiter, als er den Major Ludwig Freiherr von Leonrod für die Verschwörung gewann: „Leonrod war im Bilde, daß die Regierung beseitigt werden und die Wehrmacht die vollziehende Gewalt übernehmen sollte.“ Hier war aus der Änderung der militärischen Spitzengliederung endgültig die Beseitigung der gesamten Regierung geworden.

Auf ähnliche Weise trat Stauffenberg an seinen Kameraden von der Kriegsakademie, Oberst i.G. Eberhard Finckh, heran. Stauffenberg nahm ihn am 23. Juni 1944 beiseite: „Wir haben ja keine richtigen Marschälle mehr. Alle haben die Hosen voll und widersprechen nicht dem Führer, wenn er etwas befiehlt. Sie bringen ihre Ansichten über den Ernst der Lage nicht genügend zur Geltung.“

Folgerichtig machte eine neue Kriegsspitzengliederung einen wesentlichen Teil der ersten Fernschreiben der Verschwörer aus, die am späten Nachmittag des 20. Juli 1944 aus der Bendlerstraße herausgingen und in dieser Frage ganz deutlich auf Becks Forderungen aus der Vorkriegszeit zurückgriffen. Das erste Fernschreiben war von Generalfeldmarschall von Witzleben unterzeichnet; nach der Schilderung der Lage („Eine gewissenlose Clique frontfremder Parteiführer...“) wird unter Ziffer II bereits erklärt: „In dieser Stunde höchster Gefahr hat die Reichsregierung [... mir ...] den Oberbefehl über die Wehrmacht [...] übertragen.“ Schon die Nennung einer Reichsregierung war ein Novum – wann hatte die Regierung Hitler das letzte Mal getagt, wann war von ihr die Rede gewesen? Zugleich war mit diesem Satz ein von der Regierung unabhängiger, militärischer Oberbefehlshaber der Wehrmacht geschaffen. Ebenso sollte die unselige Parallelität von Wehrmacht und Waffen-SS beseitigt werden: „Die gesamte Waffen-SS ist mit sofortiger Wirkung in das Heer eingegliedert.“ An die Abschaffung der als nationalsozialistisch bekannten Luftwaffe als eigenständigem Wehrmachtteil war zumindest gedacht; ein „Großer Generalstab“ aus Heer und Luftwaffe war als zentrale Kriegssteuerungsinstanz vorgesehen; die an das Kaiserreich angelehnte Formulierung ließ allerdings auch im militärfachlichen Bereich eine gewisse Rückwärtsgewandtheit erkennen. Es ist dem NS-Regime nie gelungen, alle Kräfte des Reiches im Sinne einer wirklich totalen Kriegführung zu bündeln. Wenn Sie so wollen, ist der 20. Juli 1944 der einzige ernstzunehmende Versuch, zu einer solchen totalen Kriegführung zu kommen – mit dem Ziel, den Krieg zu einem schnellen Ende zu bringen.

Denn schon 1938 hatte sich hinter der Frage der Spitzengliederung das viel grundsätzlichere Problem eines verantwortbaren Umgangs mit Krieg und Frieden verborgen; durch den Kriegsverlauf hatte sich diese Frage bis 1944 nur noch verschärft. Immer deutlicher wurde, dass eine neue Gruppierung an der Spitze des Reiches conditio sine qua non für einen wie auch immer ausgestalteten Frieden sein würde. Mit Hitler und seiner Umgebung jedenfalls würden die Alliierten nie Frieden schließen. Weder eine Fortführung des Krieges noch eine Beendigung waren mit der vorhandenen Spitzengliederung möglich oder moralisch vertretbar: Ihre Änderung – und das hieß: ihre gewaltsame Änderung – wurde damit zu einem moralischen Imperativ.

Das Dritte Reich verfügte letztlich über keine Strukturen, die ein systematisches Nachdenken über ein Kriegsende oder gar – analog der Entwicklung im Faschistischen Großrat in Rom – ein geregeltes Handeln gegen den „Führer“ ermöglicht hätten. Hitler selbst führte seinen Krieg mindestens ebenso nach innen wie nach außen, und wenn die militärische Lage immer kritischer wurde, so war ihm das lediglich Anlass für eine zunehmende innere Radikalisierung, um die beabsichtigte Umgestaltung der deutschen Gesellschaft in der geringer werdenden verbleibenden Zeit noch voranzutreiben, übrigens auch innerhalb des Heeres, etwa durch die Einführung der Nationalsozialistischen Führungsoffiziere oder die verstärkte Beförderung von fronterfahrenen Feldwebeln zu Offizieren. Wer diesen Weg nicht mitgehen wollte, weil er nationalkonservativ gesonnen war, weil er die Nation erhalten wollte, dem blieb in letzter Konsequenz nur die Beteiligung am Umsturzversuch. Der junge Kavallerieoffizier Roland von Hößlin fasste es prägnant zusammen: „Einen Kampf der letzten Goten am Vesuv gibt es meines Erachtens für ein 80-Millionen-Volk nicht.“

Ethische und moralische Motive

Habe ich jetzt gezeigt, dass der militärische Widerstand gegen Hitler ein Handeln rein aus professionellen Motiven war? Habe ich Ihr Bild zerstört, es sei um einen „Aufstand des Gewissens“ gegangen? Das wäre nicht völlig falsch, aber auch nicht völlig richtig.

Für den politischen nationalkonservativen Widerstand hat Hans Mommsen festgestellt: „daß die Verschwörer in aller Regel von der Absicht getragen waren, in ihrer Lebenszeit politisch zu gestalten und zu handeln, so daß es an den Tatsachen vorbeigeht, wenn man versucht, sie als Inbegriff moralischer Lebensführung zu schildern und alles, was damit nicht vereinbar erscheint, aus der Überlieferung zu tilgen.“ In ähnlicher Weise finden sich im Widerstand Offiziere, die gestalten wollten, und die Deutschland vor der schlimmsten moralischen, politischen und militärischen Katastrophe bewahren wollten. Diese Offiziere waren aber auch – anders als einige zivile Angehörige der Verschwörung – realistisch genug, um im Sommer 1944 die Grenzen des Möglichen, sowohl des militärisch als auch des politisch Möglichen zu erkennen. Stauffenberg und seinen engsten Vertrauten war bewusst, dass an einer Kapitulation und nachfolgenden Besetzung des Reichs kein Weg mehr vorbeiführen würde. Einige haben in dieser Lage resigniert und gemeint, es sei besser, das Dritte Reich führe sich selbst ad absurdum.

Die Vorstellung eines Umsturzes ohne Attentat war aus Goerdelers Sicht fast zwingend: wollte man eine neue Regierung, die sich vor allem durch Rechtsstaatlichkeit von den bisherigen Machthabern unterschied, dann fiel es schwer, mit einem politischen Mord anzufangen. Aber die Armee hatte sich sehr verändert seit 1938; ein Vergleich der Umsturzplanungen von 1944 mit jenen von vor dem Krieg zeigt es: Damals hatte man noch annehmen können, das System von Befehl und Gehorsam funktioniere, und es reiche für einen Putsch in Berlin aus, wenn der Potsdamer Divisionskommandeur seinen Regimentern einen Befehl erteilte. 1944 wussten Stauffenberg und die anderen Offiziere, dass das Heer gegen einen lebenden Hitler nicht vorgehen würde. Neunzig Prozent der Offiziere waren Reservisten, die meisten aus der HJ-Generation, die ihren sozialen Aufstieg ins Offizierkorps der gesellschaftsverändernden Politik des „Führers“ verdankten. Ohne Hitlers Tod und die zumindest vorübergehende Fiktion, die Partei oder die SS hätten ihn auf dem Gewissen, war ein Umsturzversuch, der sich auf das Militär stützen sollte, aussichtslos. Der Abend des 20. Juli belegte erschütternd nachdrücklich, wie zutreffend diese Einschätzung war.

Andere aber sahen sich trotz allem, und am Ende aller politischen und militärischen Möglichkeiten, nur noch aus ethischen Gesichtspunkten, zum Handeln genötigt. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg soll vor dem Umsturzversuch vom Juli 1944 gesagt haben: „Das Furchtbarste ist, zu wissen, daß es nicht gelingen kann und daß man es dennoch für unser Land und unsere Kinder tun muß. Und für seinen Bruder Claus ist das Zitat überliefert: „Es ist Zeit, daß jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muß sich bewußt sein, daß er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterläßt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter an seinem eigenen Gewissen.“ Henning von Tresckow sagte zu Schlabrendorff kurz vor seinem Tod: „Niemand von uns kann über seinen Tod Klage führen. Wer in unseren Kreis getreten ist, hat damit das Nessushemd angezogen. Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.“

Die Generalität der Wehrmacht hatte sich kompromittieren lassen – durch die widerspruchslose Hinnahme des Mordes an zwei Generalen 1934, durch Hitlers Vorgehen gegen Fritsch 1938, durch Dotationen, durch die Beteiligung an den unsagbaren Verbrechen im Osten. Stauffenberg hat es im Januar 1939 formuliert „Von Leuten, die sich schon ein- oder zweimal die Wirbelsäule gebrochen hätten, könne man nicht erwarten, daß sie bei einer neuen Entscheidung gerade stünden“. Bis zum Sommer 1944 war vielen Generalen das Rückgrat mehr als zwei Mal gebrochen worden. Aus der nachwachsenden Spitzengeneration der Obersten und Oberstleutnante aber haben einige, einige wenige, Widerstand geleistet. Auch sie waren nicht unschuldig an dem Gesamtverbrechen des Krieges, aber aus der Einsicht in ihre eigene Verstrickung heraus haben sie auch dann noch gehandelt, als die konkrete Erfolgsaussicht nur noch gering war.

Meine Damen und Herren, unser Wissen über die Rolle der Wehrmacht im Vernichtungskrieg hat sich auch in den letzten Jahren weiter vermehrt. Wir sehen vieles klarer. Wir verzeichnen in den letzten Jahren ein zunehmendes Forschungsinteresse zur Geschichte der Reichswehr. Auch zur Frühgeschichte der Bundeswehr und zur Rolle der überlebenden Angehörigen des Widerstands – oder ihrer Söhne – gibt es neue Forschungsergebnisse, und wird es auch demnächst weiteres Neues geben. Es ist kaum denkbar, dass sich daraus nicht auch neue Fragen zum Ort des militärischen Widerstandes in der deutschen Militärgeschichte ergeben würden. Insofern kann ich die zitierte Kritik nicht teilen, das Thema sei ausgeforscht, und Fragen wie jene, die ich heute mit Ihnen diskutiert habe, blieben hinter dem Forschungsstand zurück. Im Gegenteil: Auch zum militärischen Widerstand besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf, und es steht zu hoffen, dass sich genügend Nachwuchswissenschaftler dieses Bedarfs annehmen werden.

Bundeswehr und Widerstand

In der Bundeswehr wie in der deutschen Gesellschaft insgesamt ist die Tradition des militärischen Widerstands bisher überwiegend mit moralischen Argumenten begründet worden. Genau das aber macht solche Tradition angreifbar etwa für den Vorwurf, die Verschwörer seien in den verbrecherischen Krieg verstrickt gewesen. Eine solche Interpretation übersieht vor allem, dass der 20. Juli 1944 nicht als Lehrbeispiel für die Rolle von Streitkräften in einem demokratischen Staatssystem oder gar als Exempel des Primats der Politik taugt. Die Wehrmacht hat den Primat einer verbrecherischen Politik ja fast uneingeschränkt anerkannt und gelebt, und der militärische Widerstand gegen Hitler ist der einzige verzweifelte Versuch traditionell geprägter Soldaten, sich den Vorgaben dieser Politik der Vernichtung zu entziehen.

In der Haushofer-Sonetten finden wir die Zeile „Es gibt wohl Zeiten, die der Irrsinn lenkt / Dann sind’s die besten Köpfe, die man henkt.“ Es ist dem Nationalsozialismus gelungen, die nationalkonservative Gegenelite so gründlich auszurotten, dass sie die frühe Bundesrepublik nicht nachhaltig hat beeinflussen können. Männer wie Theodor Steltzer oder Jakob Kaiser blieben letztlich Randfiguren des westdeutschen Staates. Viele Politiker im Widerstand waren in ihren Vorstellungen rückwärtsgewandt gewesen; viele Soldaten in der Militäropposition hatten sich an den Seecktschen Vorstellungen ausgerichtet; die Bundeswehr aber hatte als Gründungsmotto „Nie wieder Staat im Staate“.

Aus der politisch motivierten und genauso aus der militärisch-fachlichen Opposition wurde ein radikaler, auf ethischen und religiösen Motiven beruhender Widerstand, ein Widerstand, der in grundsätzlicher Weise auf Beendigung des verbrecherischen Regimes ebenso wie des verbrecherischen Krieges zielte. Nein, das waren keine Vertreter der parlamentarischen Demokratie, aber es waren Vertreter eines rechtsstaatlichen Systems und einer auf Recht und Gerechtigkeit fußenden europäischen Friedensordnung. Das allein reichte auch schon aus, zum Todfeind des Regimes zu werden – und sich das Regime zum Todfeind zu machen. Das lässt diese Menschen heute als traditionswürdig für die Soldaten der Bundeswehr und als traditionswürdig für die die Bundeswehr tragende gesamtdeutsche Gesellschaft erscheinen.

Anmerkungen







Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Ausstellung Widerstand gegen den Nationalsozialismus; http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/widerstand/weisserose/index.html.

Hans Mommsen, Nationalsozialismus als vorgetäuschte Modernisierung, in: ders., Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Ausgewählte Aufsätze. Zum 60. Geburtstag hg. von Lutz Niethammer und Bernd Weisbrod, Hamburg 1991, S. 405-427, hier S. 413; siehe auch Klaus-Jürgen Müller, Nationalkonservative Eliten zwischen Kooperation und Widerstand, in: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die deutsche Gesellschaft und der Widerstand gegen Hitler. Hg. von Jürgen Schmädeke und Peter Steinbach in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Stauffenbergstraße im Auftrag der Historischen Kommission zu Berlin, München 1985 (=Schriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin), S. 24-49, hier S. 31, 35; Macgregor Knox, 1 October 1942. Adolf Hitler, Wehrmacht officer policy and Social Revolution, in: Historical Journal 43 (2000), p. 801-825, hier p. 815.

Ulrich de Maizière, In der Pflicht. Lebensbericht eines deutschen Soldaten im 20. Jahrhundert, Herford 1989, S. 77 f. Insgesamt waren die Verluste der Waffen-SS-Divisionen jedoch geringer als die vergleichbarer Divisionen des Heeres: Bernd Wegner, Anmerkungen zur Geschichte der Waffen-SS aus organisations- und funktionsgeschichtlicher Sicht, in: Die Wehrmacht. Mythos und Realität, hg. von Rolf-Dieter Müller und Hans-Erich Volkmann, München 1999, S. 405-419.

Spiegelbild einer Verschwörung. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt, hg. von Hans-Adolf Jacobsen, 2 Bände, Stuttgart 1984, S. 200; siehe auch Hans Mommsen, Die Stellung der Militäropposition im Rahmen der deutschen Widerstandsbewegung gegen Hitler, in: NS-Verbrechen und der militärische Widerstand gegen Hitler, hg. von Gerd R. Ueberschär, Darmstadt 2000, S. 119-134, hier S. 125.

Winfried Heinemann, The Development of German Armoured Forces 1919-40, in: Armoured Warfare, ed. by J. Paul Harris and F. H. Toase, London 1990, p. 51-69.

Mommsen, Stellung der Militäropposition, S. 125.

Bernhard R. Kroener, "Der starke Mann im Heimatkriegsgebiet". Generaloberst Friedrich Fromm. Eine Biographie, Paderborn 2005, S. 457-465.

Aussage Kuhn am 2. September 1944, in: Peter Hoffmann, Tresckow und Stauffenberg. Ein Zeugnis aus dem Archiv des russischen Geheimdienstes, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 165 vom 20. Juli 1998, S. 9; Boris L. Chavkin/Aleksandr Kalganov, Neue Quellen zur Geschichte des 20. Juli 1944 aus dem Archiv des Föderalen Sicherheitsdienstes der Russischen Föderation (FSB). "Eigenhändige Aussagen" von Major i.G. Joachim Kuhn, in: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte 5 (2001), S. 355-402, hier S. 378.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 34; Mommsen, Stellung der Militäropposition, S. 125.

Für eine Analyse der Motive Hitlers im Zusammenhang mit der Krise der deutschen Kriegführung in der Sowjetunion siehe vor allem: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, hg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Band 6: Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Verlust der Initiative, Stuttgart 1990, S. 613f.

Georg Meyer, Adolf Heusinger. Dienst eines deutschen Soldaten 1915-1964, Hamburg 2001, S. 168.

Jürgen Förster, Geistige Kriegführung in Deutschland 1919 bis 1945, in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 9/1: Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939-1945. Politisierung, Vernichtung, Überleben, Stuttgart 2004, S. 469-640, hier S. 609.

Mommsen, Stellung der Militäropposition, S. 122f.; Karl Otmar von Aretin, Henning von Tresckow. Patriot im Opfergang, in: "Für Deutschland". Die Männer des 20. Juli, hg. von Klemens von Klemperer, Enrico Syring und Rainer Zitelmann, Frankfurt 1993, S. 287-310, hier S. 297.

Armin Nolzen, Von der geistigen Assimilation zur institutionellen Kooperation. Das Verhältnis zwischen NSDAP und Wehrmacht, 1943-1945, in: Kriegsende 1945 in Deutschland, hg. von Jörg Hillmann und John Zimmermann, München 2002 (=Beiträge zur Militärgeschichte, 55), S. 69-96, hier S. 71.

Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder. Das Geheime Deutschland, Stuttgart 1992, S. 239.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 88 (28. Juli 1944); Horst Mühleisen, Hellmuth Stieff und der deutsche Widerstand, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 39 (1991), S. 339-377, hier S. 348f.; Kluge sprach das Thema von sich aus Admiral Canaris gegenüber an, als dieser sich 1943 in Smolensk aufhielt: Spiegelbild einer Verschwörung, S. 424.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 335, siehe auch S. 33; Stauffenberg hatte jedoch bereits zu seiner Zeit in der Organisationsabteilung im Generalstab des Heeres Kameraden gefragt: „Wie kann es bei dieser Führung weitergehen und wie soll das enden“: Generalmajor Frhr. von Gersdorff: Beitrag zur Geschichte des 20. Juli 1944, Oberursel, 12. Januar 1946, IfZ ED 88, S. 93-104, hier S. 353.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 54.

Siehe auch Spiegelbild einer Verschwörung, S. 225 (15. August 1944), wo für Spätherbst 1943 ein Gespräch zwischen General der Nachrichtentruppe Erich Fellgiebel und seinem Stellvertreter Generalleutnant Fritz Thiele, berichtet wird, bei dem es ebenfalls bereits um „eine beabsichtigte Regierungsumbildung“ gegangen sein soll.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 313 (29. August 1944).

Romedio Galeazzo Thun-Hohenstein, Wehrmacht und Widerstand, in: Die Soldaten der Wehrmacht, hg. von Hans Poeppel, Wilhelm-Karl Prinz von Preußen und Karl-Günther von Hase, München 1998, S. 62-123, hier S. 109.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 20 f. (24. Juli 1944).

Bernd Wegner, Wegner, Bernd: Hitler, der Zweite Weltkrieg und die Choreographie des Untergangs, in: Geschichte und Gesellschaft 26 (2000), S. 493-518, hier S. 506; Wolfram Wette, Zwischen Untergangspathos und Überlebenswillen. Die Deutschen im letzten halben Kriegsjahr 1944/45, in: Das letzte halbe Jahr. Stimmungsberichte der Wehrmachtspropaganda 1944/45, hg. von dems., Ricarda Bremer und Detlef Vogel, Essen 2001 (= Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte, N.F. 13), S. 9-37, hier S. 13.

Spiegelbild einer Verschwörung, S. 373 (9. September 1944).

Hans Mommsen, Neuordnungspläne der Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944, in: ders.: Alternative zu Hitler. Studien zur Geschichte des deutschen Widerstandes, München 2000, S. 159-206, hier S. 202 f.

Eberhard Zeller, Geist der Freiheit. Der zwanzigste Juli, München 1952, S. 361; Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933-1945, hg. von Annedore Leber, Berlin 1956, S. 126.

Joachim Kramarz, Claus Graf Stauffenberg. 15. November 1907-20. Juli 1944. Das Leben eines Offiziers, Frankfurt 1965, S. 201.

Fabian von Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler, Berlin 1984, S. 154.

Christian Müller, Oberst i.G. Stauffenberg. Eine Biographie, Düsseldorf 1970 (=Bonner Schriften zur Politik und Zeitgeschichte, 3), S. 148, unter Verweis auf Zeller, Geist der Freiheit, S. 242.

Winfried Heinemann: Militär und Tradition, in: Handbuch Militär und Sozialwissenschaft, hrsg. von Sven B. Gareis und Paul Klein, Wiesbaden ²2006, S. 449-458; ders.: Tradition und Erinnerung. Zur Traditionsdebatte in der Bundeswehr in Zeiten internationaler Einsätze, in: Gneisenau-Blätter 10 (2011), S. 75-81.