Ehrenrede Feierliches Gelöbnis
der Bundeswehr aus Anlass des 79. Jahrestages des 20. Juli 1944 am 20. Juli 2023 auf dem Paradeplatz des Bundesministeriums der Verteidigung
- Konstanze von Schulthess Rechberg -
My Liebe Soldatinnen, liebe Soldaten,
Sie sind vielleicht erstaunt, dass eine ältliche Zivilistin hier steht und Sie anspricht.
Ich gestehe, ich war es zuerst auch, als ich diese Einladung erhielt.
Doch ich bin mir der Ehre absolut bewusst und ich bin stolz als Tochter eines Soldaten, als Schwester eines Soldaten, als Frau eines zeitweisen Soldaten und als Mutter von drei zeitweisen Soldaten heute und hier zu Ihnen sprechen zu dürfen.
Sie haben sicher nach reiflicher Überlegung den Beruf des Soldaten, beziehungsweise einer Karriere in der Bundeswehr gewählt. Dafür verdienen Sie unsere Bewunderung, unseren Respekt und unseren Dank!
Mit dem heutigen Gelöbnis versprechen Sie, sich tapfer gegen Aggressionen von außen und im schlimmsten Fall auch von innen zu wehren und Ihre Mitmenschen, Ihre Familien und Ihr Vaterland Selbst unter Einsatz von Leib und Leben, zu schützen. Sei es aus der Luft, zu Wasser und auf dem Land.
Auch dafür gebührt Ihnen unser Dank und unsere Hochachtung!
Diesen Eid legen Sie heute natürlich nicht aus Zufall am 20. Juli ab. Einem Tag des Gedenkens an den Aufstand des Gewissens.
Viele der Männer, an die wir uns heute erinnern, haben auch einen Eid geleistet. Sie haben aber schließlich auf ihr Gewissen gehört, die Ehre, die Würde ihres Vaterlandes zu verteidigen, beziehungsweise wiederherzustellen.
Sie wussten sehr wohl, dass sie ein hohes Risiko eingingen. Die meisten von ihnen haben mit ihrem Leben bezahlt und die Verfolgung ihrer Familien in Kauf genommen.
Es ging den Verschwörern auch um die in ihren Augen befleckte Soldatenehre, in deren Name ihr Berufsethos verraten und beschmutzt worden war.
Der Begriff „Ehre“ war von den Nazis schamlos in bedingungslosen Gehorsam anstatt in die Verteidigung des Rechts und der Würde des Menschen übersetzt und missbraucht worden.
Ehre, Gewissen, Scham mögen heute altmodische Begriffe sein. Unbequem sind sie ganz sicher! Doch wir kennen sie und haben diese Gefühle schon das eine oder andere Mal beobachtet, erlebt oder sogar verspürt.
Man hat bei Unrecht vielleicht nicht eingegriffen oder man hat weggeschaut. Man wollte sich halt nicht einmischen!
Man denkt dann darüber nach, und da tauchen sie ganz deutlich auf: Gewissen, Scham, Ehre! Unbequem!
Die Beteiligten des deutschen Widerstands haben NICHT weggeschaut und DIE Soldaten, die sich gegen das Verbrechen verschworen haben, waren es, die die Ehre der Armee und vielleicht von uns allen wiederhergestellt haben.
Seit 78 Jahren leben wir in diesem Land in Frieden, wenn wir auch mit Sorge in Richtung Osten blicken.
Aber wir haben ja die Bundeswehr, auf die wir zählen können und der wir Selbstverständlich vertrauen!
Selbstverständlich sollten wir uns aber auch bewusst sein, dass sich da einzelne Persönlichkeiten bereit erklären, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.
Dank unserer Verfassung und der von uns gewählten Politikern und Politikerinnen werden Sie Gott sei Dank nicht beauftragt werden, gegen nationales und internationales Recht zu verstoßen. Das gibt Ihnen und auch uns ein gutes Gefühl.
Heute ist für Sie ein wichtiger und ein bedeutender Tag. Der Beginn Ihrer beruflicher Laufbahn, einer Laufbahn, die Sie in den Dienst Ihres Landes gestellt haben.
Dafür, ich wiederhole mich gerne, danken wir Ihnen und zollen Ihnen unseren Respekt!
Ich glaube, ich kann für uns alle sprechen, wenn ich sage: Ich, nein, Wir wünschen Ihnen von ganzem Herzen das Allerbeste für Ihre Zukunft!
Seien Sie wachsam und schauen Sie nicht weg!
Ich danke Ihnen.