Ein lebendiges Stück deutscher Geschichte
Christine Bergmann
Ein lebendiges Stück deutscher Geschichte
Ansprache der Bürgermeisterin von Berlin Dr. Christine Bergmann am 19. Juli 1996 im Berliner Rathaus
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen des Berliner Senats heiße ich Sie herzlich willkommen in Berlin.
Wir sind zusammengekommen, um ein Stück deutscher Geschichte lebendig werden zu lassen. Der 20. Juli 1944 ist nicht nur ein Tag der Erinnerung. Er ist auch ein Tag, der uns Kraft gibt für die Zukunft. Der 20. Juli zeigt uns, dass Tyrannei und Diktatur nicht unwidersprochen bleiben, nicht schicksalhafte Verstrickung sind, sondern eine Herausforderung für alle.
Nur wenige haben damals den Mut und die Kraft gefunden, aus den unterschiedlichsten Motiven heraus Widerstand zu leisten. Aber diese Menschen haben ihr Leben für die Freiheit und die Achtung der Menschenrechte riskiert und viele von ihnen haben es verloren. Für uns ist diese aufrechte Haltung, in der sie dem Unrechtssystem widerstanden haben, bis heute Anlass, uns mit höchstem Respekt und großer Dankbarkeit vor ihnen zu verneigen.
„Wir werden gehängt, weil wir zusammen gedacht haben“, schrieb der Initiator des Kreisauer Kreises, Graf von Moltke, in einem seiner letzten Briefe aus der Haft. Der Gedanke wurde von den Nationalsozialisten genauso bestraft wie die politische Aktion. Wie viele Menschen in dieser Schattenzeit deutscher Geschichte an ihren Gedanken und an ihrem Eintreten für die Menschenwürde zugrunde gegangen sind, werden wir abschließend nie beantworten können. Gleichwohl darf die Spurensuche nicht aufhören.
Es geht nicht darum, den Widerstand zu mythologisieren – aber genauso wenig dürfen wir zulassen, dass diejenigen, die ihr Leben im Kampf gegen Hitler riskiert haben, dem Vergessen preisgegeben werden – auch wenn sie eine Minderheit waren.
Der 20. Juli 1944 liegt über ein halbes Jahrhundert zurück. Das Attentat auf Hitler war der sichtbarste Ausdruck dafür, dass es noch Menschen gab, für die Moral und Verantwortung mehr zählten als Loyalität und Gehorsam. Genau darin aber liegt die bleibende Bedeutung, die Aktualität des 20. Juli. Denn Mut und Zivilcourage sind unverzichtbare Tugenden, wenn es um die Überwindung der Tyrannei geht. Sie sind aber ebenso unverzichtbare Elemente einer demokratischen Bürgergesinnung in einer freien Gesellschaft.
Ich möchte aber auch an einen weiteren Punkt erinnern. Der 20. Juli bleibt auch ein Anlass, um über die angemessene Aufarbeitung des nationalsozialistischen Unrechts nachzudenken. Mit allem Nachdruck möchte ich auf die noch ausstehende Rehabilitierung von NS-Opfern hinweisen, die zum Teil sogar aktiv am Widerstand teilnahmen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Berlin stand im Laufe dieses Jahrhunderts im Mittelpunkt der deutschen Geschichte. Hier war der Sitz der Tyrannei, hier schlug aber auch das Herz des Widerstandes. Ich wünsche mir, dass Berlin diese wichtigen historischen Erfahrungen aktiv nutzt. Diese bedeutet, besonders entschieden jeder Form von Unfreiheit und Intoleranz im „Kleinen“ wie im „Großen“ entgegenzuwirken und bewusst an die demokratischen und humanen Traditionen dieser Stadt anzuknüpfen.
In diesem Sinne heiße ich Sie noch einmal ganz herzlich in Berlin willkommen.
Ein lebendiges Stück deutscher Geschichte
Ansprache der Bürgermeisterin von Berlin Dr. Christine Bergmann am 19. Juli 1996 im Berliner Rathaus
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen des Berliner Senats heiße ich Sie herzlich willkommen in Berlin.
Wir sind zusammengekommen, um ein Stück deutscher Geschichte lebendig werden zu lassen. Der 20. Juli 1944 ist nicht nur ein Tag der Erinnerung. Er ist auch ein Tag, der uns Kraft gibt für die Zukunft. Der 20. Juli zeigt uns, dass Tyrannei und Diktatur nicht unwidersprochen bleiben, nicht schicksalhafte Verstrickung sind, sondern eine Herausforderung für alle.
Nur wenige haben damals den Mut und die Kraft gefunden, aus den unterschiedlichsten Motiven heraus Widerstand zu leisten. Aber diese Menschen haben ihr Leben für die Freiheit und die Achtung der Menschenrechte riskiert und viele von ihnen haben es verloren. Für uns ist diese aufrechte Haltung, in der sie dem Unrechtssystem widerstanden haben, bis heute Anlass, uns mit höchstem Respekt und großer Dankbarkeit vor ihnen zu verneigen.
„Wir werden gehängt, weil wir zusammen gedacht haben“, schrieb der Initiator des Kreisauer Kreises, Graf von Moltke, in einem seiner letzten Briefe aus der Haft. Der Gedanke wurde von den Nationalsozialisten genauso bestraft wie die politische Aktion. Wie viele Menschen in dieser Schattenzeit deutscher Geschichte an ihren Gedanken und an ihrem Eintreten für die Menschenwürde zugrunde gegangen sind, werden wir abschließend nie beantworten können. Gleichwohl darf die Spurensuche nicht aufhören.
Es geht nicht darum, den Widerstand zu mythologisieren – aber genauso wenig dürfen wir zulassen, dass diejenigen, die ihr Leben im Kampf gegen Hitler riskiert haben, dem Vergessen preisgegeben werden – auch wenn sie eine Minderheit waren.
Der 20. Juli 1944 liegt über ein halbes Jahrhundert zurück. Das Attentat auf Hitler war der sichtbarste Ausdruck dafür, dass es noch Menschen gab, für die Moral und Verantwortung mehr zählten als Loyalität und Gehorsam. Genau darin aber liegt die bleibende Bedeutung, die Aktualität des 20. Juli. Denn Mut und Zivilcourage sind unverzichtbare Tugenden, wenn es um die Überwindung der Tyrannei geht. Sie sind aber ebenso unverzichtbare Elemente einer demokratischen Bürgergesinnung in einer freien Gesellschaft.
Ich möchte aber auch an einen weiteren Punkt erinnern. Der 20. Juli bleibt auch ein Anlass, um über die angemessene Aufarbeitung des nationalsozialistischen Unrechts nachzudenken. Mit allem Nachdruck möchte ich auf die noch ausstehende Rehabilitierung von NS-Opfern hinweisen, die zum Teil sogar aktiv am Widerstand teilnahmen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Berlin stand im Laufe dieses Jahrhunderts im Mittelpunkt der deutschen Geschichte. Hier war der Sitz der Tyrannei, hier schlug aber auch das Herz des Widerstandes. Ich wünsche mir, dass Berlin diese wichtigen historischen Erfahrungen aktiv nutzt. Diese bedeutet, besonders entschieden jeder Form von Unfreiheit und Intoleranz im „Kleinen“ wie im „Großen“ entgegenzuwirken und bewusst an die demokratischen und humanen Traditionen dieser Stadt anzuknüpfen.
In diesem Sinne heiße ich Sie noch einmal ganz herzlich in Berlin willkommen.