"Es gab nur einen Widerstand, den gegen Hitler!"
Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Georg Bach
„Es gab nur einen Widerstand, den gegen Hitler!“
Ansprache des amtierenden Vorsitzenden des Zentralverbandes Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen (ZDWV) Georg Bach am 19. Juli 1991 im Rathaus Schöneberg, Berlin
Ich habe die Ehre, Ihnen, sehr geehrter Herr Senator und damit dem Senat von Berlin, im Namen der drei hier vertretenen Verbände herzlich für den Empfang zu danken, die Sie uns heute wieder geben.
Es ist aber gegenüber den Vorjahren doch eine wesentliche Veränderung zu verzeichnen. Erstmals dürfen wir den "Tag des Widerstandes" in einem einheitlichen Berlin und einem wiedervereinigten Deutschland begehen.
Auch dieser Empfang zeigt die Veränderung, er findet nicht wie in den Vorjahren im Rathaus Schöneberg statt, sondern im „Roten Rathaus“, dem eigentlichen Regierungsgebäude von ganz Berlin.
Wir freuen uns mit den Berlinern, dass sie nun, nach vielen Jahren der Trennung, wieder Bürger einer einheitlichen, politischen Gemeinschaft sind und hoffen, dass die aus der Zeit der Trennung noch vorhandenen Probleme bald überwunden werden.
Die Entscheidung des Deutschen Bundestages, dass Berlin wieder in seine alte Stellung als Hauptstadt Deutschlands eingesetzt wird, haben sicher nicht nur die Berliner, sondern auch ein großer Teil der Bürger unseres Landes mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.
Auch wir entbieten Berlin unseren Glückwunsch und unseren Gruß und freuen uns über die erreichte Vereinigung unseres durch den Krieg und seine Folgen geteilten Landes.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Erinnern an den letzten Krieg und seine Folgen führt uns zwangsläufig zurück in das Jahr 1933, also in die Zeit des Beginns der nationalsozialistischen Ära mit allen ihren Schrecken und Leiden.
Es ist richtig, ein großer Teil unseres Volkes hat, nach großer Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher und politischer Not, nach einer Änderung der politischen Verhältnisse und einer Verbesserung der "Lebensqualität", wie man heute sagt, gerufen.
Zwei starke, radikale politische Richtungen, die Kommunisten und die Nationalsozialisten, sind, so darf man wohl sagen, im Wettstreit miteinander um die Wählergunst gelegen.
Eine hat gesiegt - die Nationalsozialisten, die Andere ist unterlegen.
Dass die Kommunisten nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten von Hindenburg in die Illegalität gingen, ist wohl selbstverständlich, denn die Installierung ihres Systems war ja nicht mehr möglich.
Erst 13 Jahre später hatten die Kommunisten die Möglichkeit, ihren Staat zu etablieren. Das Ergebnis sehen wir heute.
Aber auch die demokratischen, freiheitlichen, dem Recht und der Menschlichkeit verpflichteten Parteien und Gruppen, die versuchten, das immer unmenschlicher werdende Regime zu bekämpfen, mussten erkennen, dass ihnen jeder legale Spielraum zur Durchsetzung ihrer politischen und humanitären Forderungen versperrt wurde.
Auch sie gingen in die Illegalität - in den Widerstand!
Mit ihnen gingen nicht nur Teile ihrer Mitglieder und Freunde in den Widerstand, sondern viele Menschen aus der Arbeiterbewegung, der Kunst, der Wissenschaft, auch aus Wirtschaft und Verwaltung folgten ihrem Beispiel.
Sie wurden verfolgt, gequält, inhaftiert und oft auch mit Hilfe einer gefälligen Hitler-Justiz ermordet.
Später - manchmal fast zu spät - haben sich noch weitere Menschen z. B. aus den Kirchen und der Wehrmacht gefunden, um mitzuhelfen, dieses große Unrechtsregime zu beseitigen.
Wir hatten als Verfolgte und Widerstandskämpfer kein Glück, uns selbst von unseren Unterdrückern zu befreien. Erst ein schrecklicher Krieg und der totale Zusammenbruch unserer Heimat befreite uns auch von den Verbrechern.
Leider schenkten dann die einmarschierenden Truppen mehr den Vertretern des alten Regimes ihr Vertrauen und nicht den Widerstandskämpfern und Verfolgten. Diese Einstellung war auch bei einem großen Teil der Deutschen zu bemerken - sie ist teilweise heute noch (oder schon wieder) zu spüren.
Vorher, am 20. Juli 1944, gab es noch den Versuch einiger hoher Offiziere der Wehrmacht, unser Volk und Land vom Tyrannen zu befreien. Er schlug ebenso fehl wie dies auch leider bei anderen Widerstandshandlungen zwischen 1933 und 1945 geschah.
Der 20. Juli wird seit vielen Jahren zum Gedenken an die Männer begangen, die sich, ob Soldaten oder Zivilisten, gemeinsam dazu entschlossen hatten, Hitler und sein Regime mit der Waffe zu bekämpfen.
Aber der Boden, auf dem der Gedanke, Hitler zu beseitigen, wuchs und der auch den Militärs eine gewisse Grundlage gegenüber dem eigenen Volke gab, war der seit Jahren von den verschiedenen Gruppen getragene Widerstand.
Es ist deshalb selbstverständlich, dass wir uns heute auch des gesamten Widerstands von politischen, gewerkschaftlichen und religiösen Gruppen, aber auch einer großen Zahl von Einzelpersonen erinnern, die nicht nur praktischen Widerstand geleistet, sondern auch Verfolgten geholfen haben.
Auch der Widerstand von jungen Menschen, wie Studenten und Schülern, die unter Einsatz ihrer Gesundheit, ihrer Freiheit und ihres Lebens Widerstand leisteten, darf nicht vergessen werden.
Wir dürfen den Widerstand nicht auf verschiedene Gruppen aufteilen. Er muss, besonders an einem Gedenktag wie heute, in seiner Gesamtheit gesehen und gewürdigt werden.
Dass sich heute, wie nun schon seit einigen Jahren, die verschiedenen Gruppen zusammenfinden - es hat an sich schon lange genug gedauert - zeigt, dass der Widerstand eine Sache zwar unterschiedlicher, aber in ihrer Verantwortung für die Menschen und unser Land gemeinsam Handelnder gewesen ist.
Wir sollten uns deshalb nicht auseinanderbringen lassen. Wir haben, der Eine oder Andere mit etwas mehr oder weniger Kraft, am gleichen Strang gezogen, auch wenn es oft Meinungsverschiedenheiten in den Gruppen gab.
Heute aber wissen wir:
Es gab nur einen Widerstand, den gegen Hitler!
Dieser Tatsache muss die Würdigung des Widerstands insgesamt zu Grunde liegen!
Wenn wir morgen im Ehrenhof der Stauffenbergstraße besonders die ermordeten Soldaten ehren, so gedenken wir am Nachmittag in Plötzensee in einer gemeinsamen Feierstunde aller dort ermordeten Widerstandskämpfer.
Gleichzeitig gilt diese Ehrung den vielen Menschen, die in den KZ-Lagern und Strafanstalten von 1933 bis 1945 als Gegner der Nazis ihrer Freiheit beraubt und teilweise zu Tode gebracht wurden.
Diese Toten sind es, die uns verbinden und denen wir am "Tag des Widerstandes" zu danken und zu gedenken haben.
Auch unser Volk hat die Verpflichtung, ihrer zu gedenken und sie nicht zu vergessen.
Dies gilt auch für unsere Politiker, von denen man oft den Eindruck hat, sie wollen sich unseres Kampfes für Deutschland und seiner Menschen nicht gerne erinnern.
Sie erinnern sich wohl auch nicht gerne der Präambel des Bundesentschädigungsgesetzes, in welcher es heißt:
"dass der ... gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand ein Verdienst um das Wohl des Deutschen Volkes und Staates war".
Ich glaube, sie bedauern, dass diese Worte damals vom Deutschen Bundestag gesprochen und geschrieben wurden.
Aber nicht an ihren Worten,
"an ihren Taten sollt ihr sie erkennen".
Hier sind noch viele Wünsche offen!
Georg Bach
„Es gab nur einen Widerstand, den gegen Hitler!“
Ansprache des amtierenden Vorsitzenden des Zentralverbandes Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen (ZDWV) Georg Bach am 19. Juli 1991 im Rathaus Schöneberg, Berlin
Ich habe die Ehre, Ihnen, sehr geehrter Herr Senator und damit dem Senat von Berlin, im Namen der drei hier vertretenen Verbände herzlich für den Empfang zu danken, die Sie uns heute wieder geben.
Es ist aber gegenüber den Vorjahren doch eine wesentliche Veränderung zu verzeichnen. Erstmals dürfen wir den "Tag des Widerstandes" in einem einheitlichen Berlin und einem wiedervereinigten Deutschland begehen.
Auch dieser Empfang zeigt die Veränderung, er findet nicht wie in den Vorjahren im Rathaus Schöneberg statt, sondern im „Roten Rathaus“, dem eigentlichen Regierungsgebäude von ganz Berlin.
Wir freuen uns mit den Berlinern, dass sie nun, nach vielen Jahren der Trennung, wieder Bürger einer einheitlichen, politischen Gemeinschaft sind und hoffen, dass die aus der Zeit der Trennung noch vorhandenen Probleme bald überwunden werden.
Die Entscheidung des Deutschen Bundestages, dass Berlin wieder in seine alte Stellung als Hauptstadt Deutschlands eingesetzt wird, haben sicher nicht nur die Berliner, sondern auch ein großer Teil der Bürger unseres Landes mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.
Auch wir entbieten Berlin unseren Glückwunsch und unseren Gruß und freuen uns über die erreichte Vereinigung unseres durch den Krieg und seine Folgen geteilten Landes.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Erinnern an den letzten Krieg und seine Folgen führt uns zwangsläufig zurück in das Jahr 1933, also in die Zeit des Beginns der nationalsozialistischen Ära mit allen ihren Schrecken und Leiden.
Es ist richtig, ein großer Teil unseres Volkes hat, nach großer Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher und politischer Not, nach einer Änderung der politischen Verhältnisse und einer Verbesserung der "Lebensqualität", wie man heute sagt, gerufen.
Zwei starke, radikale politische Richtungen, die Kommunisten und die Nationalsozialisten, sind, so darf man wohl sagen, im Wettstreit miteinander um die Wählergunst gelegen.
Eine hat gesiegt - die Nationalsozialisten, die Andere ist unterlegen.
Dass die Kommunisten nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten von Hindenburg in die Illegalität gingen, ist wohl selbstverständlich, denn die Installierung ihres Systems war ja nicht mehr möglich.
Erst 13 Jahre später hatten die Kommunisten die Möglichkeit, ihren Staat zu etablieren. Das Ergebnis sehen wir heute.
Aber auch die demokratischen, freiheitlichen, dem Recht und der Menschlichkeit verpflichteten Parteien und Gruppen, die versuchten, das immer unmenschlicher werdende Regime zu bekämpfen, mussten erkennen, dass ihnen jeder legale Spielraum zur Durchsetzung ihrer politischen und humanitären Forderungen versperrt wurde.
Auch sie gingen in die Illegalität - in den Widerstand!
Mit ihnen gingen nicht nur Teile ihrer Mitglieder und Freunde in den Widerstand, sondern viele Menschen aus der Arbeiterbewegung, der Kunst, der Wissenschaft, auch aus Wirtschaft und Verwaltung folgten ihrem Beispiel.
Sie wurden verfolgt, gequält, inhaftiert und oft auch mit Hilfe einer gefälligen Hitler-Justiz ermordet.
Später - manchmal fast zu spät - haben sich noch weitere Menschen z. B. aus den Kirchen und der Wehrmacht gefunden, um mitzuhelfen, dieses große Unrechtsregime zu beseitigen.
Wir hatten als Verfolgte und Widerstandskämpfer kein Glück, uns selbst von unseren Unterdrückern zu befreien. Erst ein schrecklicher Krieg und der totale Zusammenbruch unserer Heimat befreite uns auch von den Verbrechern.
Leider schenkten dann die einmarschierenden Truppen mehr den Vertretern des alten Regimes ihr Vertrauen und nicht den Widerstandskämpfern und Verfolgten. Diese Einstellung war auch bei einem großen Teil der Deutschen zu bemerken - sie ist teilweise heute noch (oder schon wieder) zu spüren.
Vorher, am 20. Juli 1944, gab es noch den Versuch einiger hoher Offiziere der Wehrmacht, unser Volk und Land vom Tyrannen zu befreien. Er schlug ebenso fehl wie dies auch leider bei anderen Widerstandshandlungen zwischen 1933 und 1945 geschah.
Der 20. Juli wird seit vielen Jahren zum Gedenken an die Männer begangen, die sich, ob Soldaten oder Zivilisten, gemeinsam dazu entschlossen hatten, Hitler und sein Regime mit der Waffe zu bekämpfen.
Aber der Boden, auf dem der Gedanke, Hitler zu beseitigen, wuchs und der auch den Militärs eine gewisse Grundlage gegenüber dem eigenen Volke gab, war der seit Jahren von den verschiedenen Gruppen getragene Widerstand.
Es ist deshalb selbstverständlich, dass wir uns heute auch des gesamten Widerstands von politischen, gewerkschaftlichen und religiösen Gruppen, aber auch einer großen Zahl von Einzelpersonen erinnern, die nicht nur praktischen Widerstand geleistet, sondern auch Verfolgten geholfen haben.
Auch der Widerstand von jungen Menschen, wie Studenten und Schülern, die unter Einsatz ihrer Gesundheit, ihrer Freiheit und ihres Lebens Widerstand leisteten, darf nicht vergessen werden.
Wir dürfen den Widerstand nicht auf verschiedene Gruppen aufteilen. Er muss, besonders an einem Gedenktag wie heute, in seiner Gesamtheit gesehen und gewürdigt werden.
Dass sich heute, wie nun schon seit einigen Jahren, die verschiedenen Gruppen zusammenfinden - es hat an sich schon lange genug gedauert - zeigt, dass der Widerstand eine Sache zwar unterschiedlicher, aber in ihrer Verantwortung für die Menschen und unser Land gemeinsam Handelnder gewesen ist.
Wir sollten uns deshalb nicht auseinanderbringen lassen. Wir haben, der Eine oder Andere mit etwas mehr oder weniger Kraft, am gleichen Strang gezogen, auch wenn es oft Meinungsverschiedenheiten in den Gruppen gab.
Heute aber wissen wir:
Es gab nur einen Widerstand, den gegen Hitler!
Dieser Tatsache muss die Würdigung des Widerstands insgesamt zu Grunde liegen!
Wenn wir morgen im Ehrenhof der Stauffenbergstraße besonders die ermordeten Soldaten ehren, so gedenken wir am Nachmittag in Plötzensee in einer gemeinsamen Feierstunde aller dort ermordeten Widerstandskämpfer.
Gleichzeitig gilt diese Ehrung den vielen Menschen, die in den KZ-Lagern und Strafanstalten von 1933 bis 1945 als Gegner der Nazis ihrer Freiheit beraubt und teilweise zu Tode gebracht wurden.
Diese Toten sind es, die uns verbinden und denen wir am "Tag des Widerstandes" zu danken und zu gedenken haben.
Auch unser Volk hat die Verpflichtung, ihrer zu gedenken und sie nicht zu vergessen.
Dies gilt auch für unsere Politiker, von denen man oft den Eindruck hat, sie wollen sich unseres Kampfes für Deutschland und seiner Menschen nicht gerne erinnern.
Sie erinnern sich wohl auch nicht gerne der Präambel des Bundesentschädigungsgesetzes, in welcher es heißt:
"dass der ... gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand ein Verdienst um das Wohl des Deutschen Volkes und Staates war".
Ich glaube, sie bedauern, dass diese Worte damals vom Deutschen Bundestag gesprochen und geschrieben wurden.
Aber nicht an ihren Worten,
"an ihren Taten sollt ihr sie erkennen".
Hier sind noch viele Wünsche offen!