Grußwort Rotes Rathaus
Empfang im Roten Rathaus am 19. Juli 2023 um 18 Uhr anlässlich des 79. Jahrestages des 20. Juli 1944
- Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung 20. Juli 1944 –
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Wegner,
liebe Angehörige,
liebe Jugendliche und Schülerinnen und Schüler unserer Partnerschulen,
der Klosterschule Roßleben, des Eberhard-Ludwigs-Gymnasium und der Max-Ulrich-von-Drechsel-Realschule,
liebe Gäste,
zunächst Ihnen, lieber Herr Wegner, ganz herzlichen Dank für Ihre Begrüßung. Wir danken Ihnen, dass Sie uns hier im Festsaal, der guten Stube des Berliner Senats, empfangen und damit einer langen Tradition folgen.
Morgen begehen wir den 79. Jahrestag des versuchten Aufstandes gegen das NS-Unrechtsregime. Umso schöner, dass sich trotz dieses langen Zeitraums auch in diesem Jahr so viele Angehörige der Widerständler aus vier Generationen versammelt haben.
Aus der zweiten Generation, also der Kinder der Widerständler, möchte ich – stellvertretend für alle – den Ältesten begrüßen: Wilhelm Graf Schwerin v. Schwanenfeld, 1929 (Sohn v. Ulrich Wilhelm Graf Schwerin v. Schwanenfeld).
Gleichzeitig begrüße ich den jüngsten Angehörigen, das ist Josef Hermes, 2022.
Sie, lieber Herr Wegner, und der Berliner Senat und Ihr Mitarbeiter-Team hier sind nicht nur so freundlich, uns hier zu empfangen, sondern haben es darüber hinaus ermöglicht, dass sich eine große Gruppe jüngerer Angehöriger hier im Roten Rathaus vor diesem Empfang treffen und austauschen konnten. Mit Blick auf den 80. Jahrestag im kommenden Jahr und die folgenden Jahre bewegt uns in der Stiftung natürlich die Frage, wie wir in einer sinnvollen Weise die Tradition des 20. Juli fortsetzen und sein Vermächtnis weitergeben können.
Mit dem Land Berlin ist diese Tradition in besonderer Weise verbunden. Diese Zusammenkunft, den Empfang der Angehörigen gibt es seit 1952. Heute vor 70 Jahren, am 19. Juli 1953 wurde im Ehrenhof des Bendlerblocks die von Richard Scheibe geschaffene Bronzeskulptur des aufrecht stehenden Jünglings mit gefesselten Händen enthüllt. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, der Sohn von Claus Schenk Graf Stauffenberg, hat dort die berühmten Worte:
„Es lebe das heilige Deutschland“
gesprochen. Umso schöner, dass wir Dich, lieber Berthold heute und hier – 70 Jahre später – begrüßen können. Mit den anderen Angehörigen Deiner Generation seid Ihr wichtige Zeitzeugen und ich bitte alle, diese wie alle anderen Gelegenheiten heute und morgen intensiv zu nutzen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Und bei der Gelegenheit nochmal der Hinweis, dass die Erinnerungen zahlreicher Angehöriger einen konkreten digitalen Ort haben, an dem sie sich jeder ansehen kann, nämlich das „Lebendige Archiv“ auf unserer Website. Wir danken allen Angehörigen, die dazu beigetragen haben und weiter beitragen.
Das Land Berlin hat bei der Erinnerung an den 20. Juli, aber auch an den 17. Juni, dessen 70. Jahrestag gerade hinter uns liegt, eine herausgehobene Rolle, denn der Kampf um diese Werte für ganz Deutschland, er spielte jedes Mal in Berlin. Deswegen ist es gut, dass wir hier sind, dass wir bei Ihnen sind und dass das Land Berlin nicht nachlässt, um dieses Gedenken aufrecht zu erhalten. Heute haben wir Freiheit, Einheit, Demokratie und Recht. Es sind aber bedrohte und keine selbstverständlichen Werte und jede Generation muss dafür sorgen, dass sie uns nicht wieder verloren gehen. Dazu gehört auch, dass wir uns mit deutlicher Stimme dagegen wehren, wenn sich diejenigen auf den 20. Juli oder den 17. Juni berufen, die gegen unsere freiheitliche und rechtsstaatliche Demokratie Stimmung machen.
Vor wenigen Wochen hat die GDW die neue Dauerausstellung im Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt in der Rosenthaler Str. eröffnet, um an den erblindeten Bürstenfabrikanten Otto Weidt zu erinnern, der nicht nur Inge Deutschkron, sondern zahllosen Jüdinnen und Juden das Leben gerettet hat. Er zählt zu den „Stillen Helden“. Es gilt dabei das auf Otto Weidt gemünzte Wort von Inge Deutschkron, dass kein Mensch als Held geboren wird, sondern einer werden kann. Die Beschäftigung mit den Biografien der Frauen und Männer aus dem Widerstand ist die beste Schule gegen Extremismus. Niemand, der ein Museum wie die Blindenwerkstatt Otto Weidt sich angesehen hat, wird danach so schnell eine antisemitische oder antimuslimische Parole grölen können. Für die Erinnerung an diese Biografien stehen auch die hier versammelten Angehörigen.
Wir bleiben also alle gefordert! Wir danken Ihnen, Herr Regierender Bürgermeister, wir danken der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und Prof. Dr. Johannes Tuchel für die langjährige und gute Zusammenarbeit sehr herzlich.
Herzlichen Dank!